Wir möchten Ihnen an dieser Stelle einen interessanten Artikel der Süddeutschen Zeitung anbieten. Dieser Artikel erklärt sowohl die Vorteile und den Nutzen von Baumpflege, als auch die Notwendigkeit professioneller, gut ausgebildeter Baumpfleger.
von Jonathan Caspar Dralle
Vor meinem Balkon steht eine Robinie, die bei jedem Sturm eindrucksvoll demonstriert, warum ihr Holz als eines der biegsamsten und zugleich widerstandsfähigsten gilt. Der dienstälteste Mitbewohner im Haus kann sich noch an ein zartes Pflänzchen erinnern, das man vor 25 Jahren mit einer Hand hätte ausreißen können. Hat man aber nicht. Ziemlich nahe am Haus steht der inzwischen gute fünfzehn Meter hohe Baum leider auch und so hat sich die Hausverwaltung auf die Suche nach einer Firma für Baumarbeiten begeben. Nicht ein Hausmeisterbetrieb mit Hebebühne und allem 'Komfort und Zurück', wie der Berliner sagt, hat schließlich den Zuschlag bekommen, sondern ein Fachbetrieb.
Die Hausverwaltung hat mich gebeten, mir das Angebot des Betriebes einmal anzusehen. Da standen Dinge wie 'Dach- und Fassadenfreischnitt', 'Kronenkorrektur im Fein- und Schwachastbereich' und 'Kletterseiltechnik'. Wer solche Formulierungen in sein Angebot schreibt, der hat offensichtlich eine klare Vorstellung von dem, was zu tun ist.
Beim Beschneiden eines Baumes kann man viel falsch machen. Das fängt schon mit dem Zeitpunkt an: Je später ein Baum erstmalig beschnitten wird, desto größer sind die Schnittstellen. Eine große Schnittstelle birgt aber große Gefahren: Pilze oder andere Krankheitserreger können leicht eindringen. Es gibt Bäume, die Schnittstellen gut abschotten können, andere weniger gut. In Einzelfällen, etwa bei Apfelbäumen, kann man über ein flüssiges 'Pflaster' auf großen Schnittflächen nachdenken.
Warum sollte man dann einen Baum überhaupt beschneiden? Es gibt viele gute Gründe: Äste können im Weg sein, sie können abbrechen und Menschen gefährden, sie können über Kreuz gewachsen sein und sich aneinander reiben, was wiederum Krankheitserreger in den Baum eindringen lassen könnte. Eine große Krone bietet dem Wind viel Angriffsfläche und kann in einigen Fällen die Verkehrssicherheit des Baumes gefährden. Äste können Fassaden oder Dächer beschädigen oder der Baum nimmt anderen Pflanzen zu viel Licht. Und in Berliner Hinterhöfen gibt es etliche Wohnungen, in denen die Menschen im Sommer tagsüber eine ihrer Designer-Standleuchten anschalten, weil die dortige Hof-Kastanie jedes Licht für sich beansprucht; wahrscheinlich nicht gerade CO2-neutral. Bei Obstbäumen kommt hinzu, dass Ertrag und Qualität der Ernte abnehmen, wenn der Baum nicht immer wieder beschnitten wird. Die beste Jahreszeit zum Beschneiden für die meisten Bäume ist übrigens jetzt, nach dem Ende der Vogelschutzzeit und vor den wirklich harten Frostnächten.
Quellenangabe:
SZ am Wochenende, Süddeutsche Zeitung
Samstag, den 19. November 2011, Seite 75